Buchvogelherd, Dachsbau, Kleelein und Sauloch – sind nur einige der klangvollen alten Flurbezeichnungen, die auf einer eigens erstellten Karte der Hettstadter Gemarkung zu finden sind. Die Karte bewahrt nicht nur die alten Schlagnamen vor dem Vergessen, sie macht vor allem die vielen Blüh- und Öko-Kontoflächen der Gemeinde und der beteiligten Landwirte sichtbar und veranschaulicht prägnant die erfolgreiche Zusammenarbeit des Hettstadter „Runden Tisches“.
Anlässlich des Internationalen Tages zur Erhaltung der Artenvielfalt, welcher erstmals im Jahr 2000 durch die UNO eingeführt wurde, lud die Gemeinde Hettstadt daher die Bevölkerung ein, mehr über die neu angelegten Strukturen in der Flur zu erfahren, aber auch, um heikle Punkte zu diskutieren. Mitveranstalter waren das Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken, vertreten durch Baudirektor Otto Waldmann sowie die Öko-Modellregion Waldsassengau.
Die rund 50 Interessierten wurden von Gemeinderatsmitglied und Umweltbeauftragten Klaus Gottschlich während der zweistündigen Wanderung zu ausgewählten Orten rund um Hettstadt geführt. Biologisches Fachwissen steuerte die Biologin Dr. Marion Betz bei, die seit vielen Jahren die Kinder- und Jugendgruppe des BN Hettstadt koordiniert und dafür im vergangenen Jahr mit dem „Grünen Engel“ ausgezeichnet wurde. Die Herausforderung bei Blühflächen bestehe u.a. darin, sie mit anderen Landschaftselementen zu verbinden, um eine Vernetzung der Strukturen zu erreichen. Stünde der Blühstreifen isoliert für sich in der Landschaft, sei er zwar „auch ganz nett“, so einer der Teilnehmer, allerdings sei in diesem Fall sein ökologischer Nutzen weitaus geringer einzustufen. Dass Blühflächen nach spätestens fünf Jahren aus förderrechtlichen Gründen umgebrochen werden müssten, stieß bei den Anwesenden auf wenig Verständnis. Hier warb Klaus Gottschlich entschieden dafür, flexibler vorgehen zu können, um einen mühsam etablierten Lebensraum nicht mit einem Schlag wieder zu vernichten. Eine Teilfläche umzubrechen, sei der richtige Weg, jedoch dürften die Landwirte keine Einschränkung in der Förderung erfahren, so der Wunsch.
Ein weiteres Thema waren die in den 70er Jahren angelegten Windschutzhecken. Nachdem damals große Teile der Hettstadter Streuobstbestände mit öffentlicher Förderung gerodet wurden, sollten die Hecken wieder für etwas Struktur und Windschutz sorgen. Sehr schmal angelegt und flankiert durch landwirtschaftliche Wege, gestaltet sich ihre Pflege heute arbeitsaufwändig und kostspielig. Ihrem ökologischen Nutzen als Landschaftselement werden sie aufgrund der geringen Breite ebenfalls kaum gerecht. Hier wurde der Wunsch geäußert, mit dem Landschaftspflegeverband tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Die neue Geschäftsführerin des LPV Würzburg, Madeleine Königer, sagte gerne ihre Unterstützung zu.
Ein Stück des Weges weiter erläuterte Bürgermeisterin Andrea Rothenbucher das Konzept einer neu angelegten Baumwiese, die jährlich um den aktuellen „Baum des Jahres“ seit 1989 erweitert wird. Allianzsprecher Hans Fiederling brachte bei der Gelegenheit die Sprache auf den dort stark verbreiteten Neophyten, das Orientalische Zackenschötchen. Dieser pflanzliche Einwanderer verdränge konkurrenzstark die einheimische Flora und sei einzudämmen.
In den angrenzenden Waldstücken Tännig und Kleelein ließ die Gemeinde Hettstadt 50 alte Bäume zunächst für 20 Jahre aus der Nutzung nehmen. Insgesamt wurden damit bereits rund 120 ökologische Trittsteine geschaffen. Försterin Valerie Kantelberg steuerte einen Exkurs in die Geschichte des Waldes in Mitteleuropa bei und freute sich, dass das Thema Wald bei den jährlichen Sternwanderungen durch die Öko-Modellregion aufgegriffen wird.
Bei der anschließenden Einkehr ins Radlerheim mit regionalen Bratwürsten und Säften der Main-Streuobst-Bienen Genossenschaft, verwies Projektmanager Jochen Diener auf den Vernetzungsgedanken der Veranstaltung – miteinander ins Gespräch kommen, neue Kontakte knüpfen – das sei eine der wesentlichen Aufgaben der bayerischen Öko-Modellregionen. Er hoffe außerdem auf zahlreiche Nachahmer in anderen Gemeinden, die sich das wertschätzende und zielführende Miteinander des Hettstadter Runden Tisches zum Vorbild nehmen können. Ein erster „Ableger“ habe sich in Helmstadt gefunden, der sogenannte „Bunte Tisch“, um gemeinsam noch mehr Blütenreichtum und Artenvielfalt in den Ort zu integrieren.
Die Wanderung ließe sich somit unter dem Motto „Gutes tun und darüber reden“ zusammenfassen, denn nichts wirke so gut wie das gelungene, gute Beispiel, so Allianzsprecher Fiederling abschließend.
Mainpost, 28. Mai 2019 – Lesen Sie hier den Artikel aus der Zeitung
Bericht: Jochen Diener
Bildquelle: ©Daniel Delang (Mohnwiese), ©Jochen Diener (Schild)